Kirchensteuer – warum gibt es sie…
Regelmäßig muss Pfarrer Füger in persönlichen Gesprächen feststellen, dass Katholiken aus der katholischen Kirche austreten, weil sie nicht genau wissen, warum eine Kirchensteuer existiert und was damit bezahlt wird. Die Aufklärung führt meist zu Verwunderung und insbesondere zu einem späten Umdenken bzgl. dem Thema Kirchensteuer.
In einem Artikel im Pfarrbrief hat Pfarrer Füger deshalb über „Warum es in Deutschland die Kirchensteuer gibt“ referiert. Als Download stellen wir Ihnen auch eine Broschüre des Erzbischöflichen Ordinarat München unten zur Verfügung. Weiterführende Informationen finden Sie auf:
https://www.erzbistum-muenchen.de/finanzen/fragen-zur-kirchensteuer/83761
https://www.erzbistum-muenchen.de/finanzen
Unser Erzbischof Reinhard Marx erinnerte vor kurzem in einem Brief an die Haupt- und Ehrenamtlichen, die mit der Immobilien- und Finanzverwaltung
beschäftigt sind, an die zurückgehenden finanziellen (und auch personellen) Ressourcen.
Immer mehr Menschen treten aus den Kirchen aus. Damit sinken die Kirchensteuerer träge. Diese werden unter anderem für die Gehälter der Pastoral wie Verwaltungskräfte benötigt und natürlich zur Aufrechterhaltung des pfarrlichen und überpfarrlichen Lebens.
Woher kommt eigentlich das Kirchensteuersystem, wie es in der Bundesrepublik Deutschland angewandt wird? Wer sich intensiver mit dieser Frage und der damit zusammenhängenden Problematik der Lage der katholischen Kirche in Deutschland beschäftigen will, kann dies nachlesen in dem Buch von Bernhard Anderl „Konkordat, Kirche und Geld“, dem ich meine umrisshafte Darstellung des Themas entnehme.
Um eine Jahreszahl zu nennen: 1789 setzte die Französische Revolution die radikale Trennung von Staat und Kirche durch. Durch die Siege Napoleons in Europa kamen die revolutionären Gedanken auch in die Teilstaaten des sich auflösenden Deutschen Reiches. 1803 griff die Säkularisation in dieses Gebiet über und löste alle geistlichen und kirchlichen Fürstentümer auf. Der weltliche Staat zog allen kirchlichen Besitz ein. Der größte Teil des Einkommens der Kirche fiel weg. In Folge kam es zu Verhandlungen zwischen den einzelnen verbliebenen Staaten und der Kirche. Am bekanntesten und am besten erforscht sind diese Verhandlungen im Königreich Bayern, wo 1817 ein erster Vertrag zwischen dem Vatikan und dem Königreich abgeschlossen wurde. Diese Art von Vertrag zwischen der weltlichen Autorität und der Kirche wird Konkordat genannt.
Darin wurde zunächst auf die Verpflichtungen des Königreichs Bayern hingewiesen, die es im Reichsdeputationshauptschluss des Jahres 1803 übernommen hatte: Es wird einmalig ein gewisser Umfang an Gütern und Kapitalien reserviert, aus dessen Erträgen die Arbeit der bischöflichen Stühle und deren Zentraleinrichtungen ermöglicht wird.Damit beabsichtigte das Konkordat eine Einmalzahlung als Ersatz für die umfangreichen Enteignungen der Kirche zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Doch diese Absichtserklärungen zur „Einmalzahlung“ wurden nie umgesetzt – bis heute nicht!
Die Idee einer Kirchensteuer – also einer vom Staat verordneten und auch von ihm ein gezogenen Pflichtsteuer – gewann im Zweiten Deutschen Reich unter Bismarck an Fahrt. Die Weimarer Verfassung 1919 regelte das Verhältnis zwischen Kirche und der neuen zentralen Republik neu. Die Mehrheitssozialisten waren bei der Regierung in der Weimarer Republik auf die Koalitionspartner des katholischen Zentrums und der Bayerischen Volkspartei angewiesen. Deshalb mussten Kompromisse gesucht werden, in denen die großen Kirchen viele Privilegien erhielten.
Mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. 1. 1933 wurde eine ganz neue Seite in der Geschichte aufgeschlagen. Schon am 20. Juli 1933 kam es zum Reichskonkordat, das Kardinal Eugenio Pacelli – später Papst Pius XII. – und der deutsche Vizekanzler Franz von Papen unterzeichneten. Dieses neue Konkordat ist sehr kompakt; es hat nur 34 Artikel und ein Schlussprotokoll. Relevant für unser Thema sind:
- Artikel 13: Die Kirchen erlangen Rechtsfähigkeit für den staatlichen Bereich und bleiben „Körperschaften des öffentlichen Rechts“ (K.d.ö.R.).
- Artikel 18: Die Staatsleistungen bzw. ihre Ablösungen werden garantiert.
- Ergänzung zu Artikel 13 im Schlussprotokoll: Das Recht der Kirche, Steuern zu erheben, bleibt gewährleistet.
Mit dem Grundgesetz der neugegründeten Bundesrepublik Deutschland 1949 blieb die grundlegende Religionsfreiheit erhalten. Und am 23. März 1957 stellte das Bundesverfassungsgericht mit einem Urteil fest, dass das Konkordat von 1933 weiterhin Geltung hat. Das heißt: Die für die Geldeinnahmen der Kirchen günstige Regelung, die im Vertrag zwischen der Hitlerregierung und dem Vatikan festgehalten wurde, wirkt bis heute!
Es darf nicht vergessen werden, dass die bischöflichen Ordinariate mit der Kirchensteuer umfangreiche humanitäre und soziale Hilfeleistungen garantieren und kirchliches Leben vor Ort ermöglichen. Andererseits ist nicht zu verkennen, dass durch dieses ausgehandelte Konkordat der Weg zu einer Kirche beschritten wurde, die im Dienst des Staates steht und Gefahr läuft, verweltlicht zu werden.